Im Folgenden wird chronologisch der Ablauf unserer Rundreise durch Indien beschrieben. Da Indien ein sehr großes Land ist, haben wir im Wesentlichen nur den Bundesstaat Rajasthan bereisen können. In einem Rundkurs sind wir von Delhi über Agra, Amber, Udaipur, Jaisalmer und Mandawa wieder zurück nach Delhi gefahren. Die genannten Orte sind natürlich nur ein kleiner Teil der Orte, die wir besichtigt haben. Einige ausgewählte Urlaubsbilder sind in der Diashow zu sehen. Die gesamte Kollektion an Fotos von unserem Indien-Urlaub ist in der Foto-Galerie abgelegt. Darüber hinaus gibt es auch ein Video, das über die Videoliste abgerufen werden kann. Allerdings ist dieses Video nur für registrierte Benutzer zugänglich.
Samstag, den 16.10.
Heute fliegen wir nach Indien. Um 4.00 Uhr fahren wir mit dem Auto zum Flughafen nach Berlin-Tegel. Wir haben reichlich Zeit bis zum Abflug. Aber nach dem damals beinahe verpassten Flug nach Russland, planen wir lieber noch mehr Fahrzeit ein. Unser Flug von Tegel nach Frankfurt am Main startet erst um 9.45 Uhr.
Von Frankfurt fliegen wir um 13.45 Uhr in einem Airbus A380 mit der Lufthansa nach Delhi. Die 128000 PS, gleichmäßig verteilt auf vier Mantelstromtriebwerke von Engine-Alliance, montiert an einem Airbus A380, haben uns in 7,5 Stunden nach Delhi gefegt. Dabei wurden in jeder Sekunde mehr als 4000000 Liter (oder 4000 m³) Luft durch die Triebwerke geblasen.
Sonntag, den 17.10.
Um 0.50 Uhr landen wir in Delhi. Nachdem wir die Einreiseformalitäten hinter uns gebracht und den Reiseleiter gefunden haben, geht es ab zum Hotel. Auf dem Weg zum Bus werden uns die Koffer von Jugendlichen, die sich ein Trinkgeld verdienen wollen, fast aus der Hand gerissen. Nach etwa 30 Metern hatten wir unsere Koffer wieder zurück erobert. Trotzdem wollten die „Helfer“ für ihre „Arbeit“ natürlich Geld. In Ermangelung von Rupien, die man nach Indien weder ein- noch ausführen darf, gab ich ihnen 50 Cent. Das war den „Helfern“ natürlich zu wenig, aber ich gab nicht nach, weil mir die ganze Situation zu befremdlich und mehr Geld nicht angemessen war. Unter großem Murren trollten sich die Jugendlichen von Dannen. Fortan waren wir sehr vorsichtig im Umgang mit den freundlichen "Helfern".
Wir fuhren ins Hotel. Dort wurden wir mit Blumenhalsketten freundlich empfangen. Nachdem wir unsere Zimmerschlüssel hatten, konnten wir einige Stunden schlafen.
Morgens gibt es im Hotel ein reichhaltiges Frühstück. Anschließend unternehmen wir eine erste Stadtrundfahrt in Old Delhi und erleben die verschiedenen Gesichter der lebendigen Hauptstadt. Wir besuchen die Freitagsmoschee. Sie wurde auf einer Anhöhe errichtet und ist die größte Moschee Indien und auch eine der größten der Welt. Sie heißt Jama Masjid. Danach geht es weiter zum Regierungsviertel Rashtrapati Bhavan, dem Sitz des Parlaments und des indischen Staatspräsidenten. Unweit des Präsidentenpalastes steht das Gate of India, das Mitte der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts erbaut wurde. Das All India War Memorial trägt in seinen Wänden als Gravur die Namen von über 90.000 indischen und britischen Soldaten, die im ersten Weltkrieg und einigen späteren Kriegen ihr Leben verloren haben. Am späten Nachmittag fahren wir nach Agra.
Montag, den 18.10.
Unser erstes Besichtigungsziel am heutigen Tag ist das legendäre Taj Mahal in Agra. In der Morgensonne bietet es einen wunderschönen Anblick. Leider kann dieses Juwel nicht auf Video festgehalten werden, denn die Videokamera muss am Eingang abgegeben werden und wird in einem Schließfach eingeschlossen. Das „Grabmal der Liebe“ wurde im Jahr 1630 vom großen Moghulkaiser Sha Jahan für seine Gemahlin Mumtaz Mahal nach deren Tod aus weißem Marmor errichtet. Das Taj Mahal ist für mich der Höhepunkt des Tages und auch einer der Höhepunkte der gesamten Reise.
Nach dem wir das Taj Mahal gesehen haben, können wir uns einen Eindruck von der Fertigung seiner Marmorverzierungen machen. Denn wir sind in der Marmorwerkstatt, die auch den Marmor für das Taj Mahal während seiner Bauzeit bearbeitet hat. Selbst die heutigen Handwerker sind Nachfahren der Erbauer. Die Bearbeitung des Marmors mit den antiken Werkzeugen ist sehr mühselig und langwierig. Es müssen also ganze Armeen von Arbeitern am Taj Mahal gebaut haben.
Da wir schon mal in Agra sind, betreten wir auch das Mausoleum des Itimad-ud-Daula. Es wird auch als Baby-Taj-Mahal bezeichnet. In dem ebenfalls aus weißem Marmor errichteten Gebäude liegen der hohe Beamte Itimad-ud-Daula und seine Frau begraben.
Am Abend machen wir noch einen Rundgang durch das riesige Rote Fort in Agra. Es gehört zu den größten Befestigungsanlagen der Welt. Hier wurde Sha Jahan, der Erbauer des Taj Mahal von seinem Sohn arrestiert. So konnte er das Grab seiner Geliebten niemals mehr besuchen, sondern nur noch in der Ferne sehen.
Dienstag, den 19.10.
Nach einem guten Frühstück beginnt die Fahrt ins 240 km entfernte Jaipur. Unterwegs machen wir einen Stopp und schauen uns die verlassene Wüstenstadt Fatehpur Sikri an. Sie wurde wegen Wassermangels schon nach 15 Jahren aufgegeben, daher der Name „Verlassene Stadt“. In der Nähe der verlassenen Stadt liegt eine Moschee. Sie trägt, wie so viele Moscheen, den Namen „Freitagsmoschee“. Der Moscheekomplex beeindruckt durch das 53 m hohe Siegestor am Eingang. Es ist das höchste Portal Indiens. Auf dem Gelände der Freitagsmoschee, der Jama Masjid Moschee, befindet sich das Mausoleum des Sheikh Salim Chishti. Der Erbauer von Fatehpur Sikri, Großmoghul Akbar, hatte zwar sehr zahlreiche Frauen, aber keinen männlichen Erben. Der alte und weise Sheikh Salim Chishti sagte ihm die Geburt dreier Söhne voraus, was auch bald eintrat. Als Dank an Allah und dem weisen Mann, baute der sehr fromme Moghul die Stadt Fatehpur Sikri samt Moschee und Mausoleum.
Nach mehreren kleinen Zwischenstopps, kommen wir am Abend in Jaipur an. Allein machen Gina und ich noch eine kleine Shoppingtour durch die Stadt. Gina probiert einige Saris an und wir kaufen ein paar T-Shirts.
Mittwoch, den 20.10.
Mit dem Bus geht es morgens wieder los - zum Fort Amber. Auf dem Weg dorthin, halten wir für einen Fotostopp am Frauenpalast von Jaipur. Wir besteigen die Dachterrasse des gegenüber liegenden Gebäudes auf der anderen Straßenseite. Von hier aus haben wir einen grandiosen Blick auf Jaipur und die exotische Fassade des Frauenpalasts. Anschließend erreichen wir den Fuß des Berges auf dem Fort Amber liegt.
Während ich die Festung filme, streife ich mit der Kamera zufällig auch einen Schlangenbeschwörer mit einer Kobra. Natürlich hält er sofort die Hand auf und erwartet ein ordentliches Trinkgeld. Ja, auf diese Mentalität muss man sich einstellen.
Auf die 800 Jahre alte Festung geht es nun mit dem Tucktuck. So ein Dreirad macht 80 Sachen (80 km/h). Im Fort empfangen uns starke, beeindruckende Trommelklänge aus dem Trommelhaus. Dabei laufen Elefanten mit Touristen auf dem Rücken über den Hof. Diese authentische Atmosphäre versetzt mich in die Zeit der Moghuln.
Anschließend fahren wir am Wasserpalast im Man-Sagar-See vorbei zur Stoffdruckerei von Jaipur. Hier kann man nicht nur sehen, wie Stoffe auf traditionelle Weise bedruckt werden, sondern auch, wie in Indien Teppiche gewebt werden. Natürlich kann man die Waren auch gleich kaufen. Wir nehmen einen hübschen kleinen Läufer mit.
In Jaipur besichtigen wir auch die hiesige Sternwarte Jantar Mantar. Sie wurde in den Jahren 1724 bis 1734 erbaut und beeindruckt durch ihre Größe. Sie hat unter anderem zwei Sonnenuhren, die kleinere zeigt die Ortszeit auf 20 Sekunden genau an, während man auf der großen die Zeit auf beeindruckende zwei Sekunden genau ablesen kann.
Die letzten Besichtigungspunkte für heute sind die Fassade des Palastes der Winde sowie der örtliche Stadtpalast. Abends unternehmen wir eine kleine Tucktuck-Tour in die Apotheke von Jaipur. Obwohl der Fahrer angeblich englisch spricht, versteht er kein Wort. Mit viel Mühe, Händen und Füßen sowie aktiver Mithilfe von zufällig vorbei kommenden Passanten, können wir ihm doch klar machen, wo wir hin wollen. Wir benötigen ein paar Pflaster für Ginas Blasen. Sie hatte sich extra neue Schuhe gekauft, die jetzt eingelaufen werden.
Donnerstag, den 21.10.
Die heutige Tour führt uns über Bundi in das 260 km entfernte Kota. Kurz vor Verlassen der Stadt Jaipur halten wir vor der Alberhall um Fotos zu machen. Außerhalb der Stadt begegnen wir einer riesigen Andromedarherde samt Hirten. Im Aravalligebirge liegt die Kleinstadt Bundi. Dort besichtigen wir den Garh-Palast. Er ist etwas heruntergekommen, aber mit etwas Phantasie kann ich den einstigen Glanz erahnen, der hier geherrscht haben muss. Im Palast befinden sich sehr schöne Fresken, die allerdings dringend eine Restauration benötigen. Trotz am Eingang gekaufter Video- und Fotoerlaubnis muss ich dafür im Palst nochmals zahlen, was der Palst-Aufpasser allerdings erst nach den Aufnahmen bekannt gab.
Wir kommen in unserem Hotel in Kota an und können davor das Nationaltier der Inder, nämlich wilde Pfauen, bewundern, die vor dem Hotel herumstolzieren. Wobei sich die Männchen natürlich besonders hervortun, denn sie sind sehr schick.
Freitag, den 22.10.
Der erste Besichtigungspunkt am heutigen Tag ist der Stadtpalast von Kota. Die Stadt war Bestandteil des Bundi-Reiches. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Zeugnisse eines reichen Kunsthandwerks, die wir im Palast bewundern können. Unter anderem sind dort Waffen, Gewänder und Wandgemälde zu sehen. Im Palast gibt es auch eine alte Wasseruhr. Ihr Aufbau ist sehr primitiv. Sie besteht aus einem mit Wasser gefüllten Eimer und einem Metallschälchen mit einem Loch in der Bodenmitte. Dieses Schälchen wird in den Eimer gesetzt. Durch das Loch im Boden füllt es sich mit Wasser. Wenn das Schälchen untergeht, sind 20 Minuten um, es wird ein Gong geschlagen, das Schälchen geleert und der Vorgang beginnt von vorn.
Nach dem Mittagessen schlendern wir durch die Basargässchen der Altstadt, um das Markttreiben zu erleben. Dabei machen wir die Erfahrung, dass man selbst als Fußgänger in einen Stau geraten kann, in dem es weder vorwärts noch rückwärts geht. Unglaublich diese Menschen-, Moped- und Tucktuckmassen.
Samstag, den 23.10.
Heute fahren wir in das 320 km entfernte Udaipur. Unterwegs besichtigen wir den Menal-Tempel. Hierbei handelt es sich um eine eher kleine Tempelanlage, die aber ausgesprochen schöne und von herausragender handwerklicher Qualität gefertigte Steinmetzarbeiten zu bieten hat. An den Säulen und Wänden sind sehr viele figürliche Reliefs zu sehen. Allerdings sind die Köpfe und Gesichter, wie fast überall in den Hindu-Tempeln, von den Moslems zerstört worden.
In Chittorgarh fahren wir mit dem Tucktuck zur Festung. Sie ist durch ihren Siegesturm Yaya Stambha und durch den rituellen Selbstmord der Rajputen während mehrfacher Belagerung durch islamische Heere bekannt. Allerdings ist die Festung in großen Teilen eine Ruine. Anschließend geht es weiter in die Wüstenoase Udaipur.
Sonntag, den 24.10.
Der Tag beginnt mit der Besichtigung des riesigen Stadtpalastes von Udaipur. Er gehört einem Maharana, der in der Hierarchie über den Maharajas steht. Das drückt sich auch in der Größe und im Prunk des Palastes aus. Anschließend machen wir eine kleine Bootsfahrt auf dem im Mittelalter künstlich angelegten Picholasee direkt vor dem Palast. Er hat mehrere Inseln. Auf einer legen wir an und essen in einem Café ein Eis. Das ist erwähnenswert, weil das indische Eis ausgesprochen gut schmeckt. Offensichtlich sind seine Aromen natürlichen Ursprungs und nicht künstlich zugesetzt. Übrigens spielte in Udaipur und auf dem Picholasee der James-Bond-Film „Octopussi“ aus dem Jahr 1983.
Nach der Bootstour besuchen wir eine Schule der Gebeco-Kinderhilfe. Leider können wir nur reden und ein paar Bonbons an die Kinder verteilen, denn seit geraumer Zeit dürfen keine Geldspenden mehr angenommen werden. Das haben wir nicht gewusst und stehen deshalb mit leeren Händen da. Wir hätten Stifte und Hefte spenden können, wenn wir denn welche gehabt hätten.
Nachmittags bummeln wir durch den Park der Freundinnen. Dort gibt es viel Grün und viel Wasser, was in der Hitze sehr angenehm ist. Weiterhin sehen wir uns eine Künstlerschule für Malerei an. Die Meister malen dort Bilder mit Pinseln, die nur wenige Haare vom Streifenhörnchen haben. Dadurch sind die Gemälde sehr, sehr detailreich und die verwendeten Farben leuchten regelrecht. An so einem Kunstwerk arbeitet ein Meister je nach Größe mehrere Monate bis Jahre. Wir kaufen ein Bild mit einem Haaremsmotiv.
Montag, den 25.10.
Von Udaipur geht es heute nach Kumbhalgarh. Unterwegs fotografieren wir Flughunde, die zu Hunderten an zwei Bäumen hängen. Bei der Fahrt über Land sehen wir, wie die Bauern traditionelle Landwirtschaft betreiben, so wie es auch bei uns vor etwa 100 Jahren üblich war. Der Pflug wird von einem oder zwei Ochsen gezogen. Für die Bewässerung der Felder gibt es Schöpfwerke. An einer Kette mit Krügen, die von zwei im Kreis laufenden Ochsen angetrieben wird, wird das Wasser nach oben gefördert und über kleine Kanäle auf den Feldern verteilt. Sehr interessant. An den Straßenrändern sind hin und wieder kleine Kamelkaravanen zu sehen.
In Kumbhalgarh besuchen wir das bedeutendste Fort des ehemaligen Mewar-Reiches. Die Kumbhalgarhfestung besitzt die mit 36 km Umfang nach der chinesischen Mauer zweitlängste Festungsmauer der Welt. Im Fort befinden sich mehrere Tempel, Wasserbecken und Paläste. Es bietet eine hervorragende Aussicht auf die typische Halbwüstenlandschaft dieser Region.
Dienstag, den 26.10.
Die heutige etwa 200 km lange Strecke durch die Wüste Thar nach Luni ist recht interessant. In Ranakpur besichtigen wir zuerst den kleinen Narayana-Tempel und anschließend den aus weißem Marmor erbauten und auf 1444 Säulen ruhenden Jain-Tempel. Dieser Tempel ist sehr ästhetisch und es stecken viele Jahre Vollbeschäftigung ihrer Erbauer darin.
Auf unserem weiteren Weg entdecken wir eine mittelalterliche Sesammühle, die von einem Ochsen angetrieben wird, dem man die Augen verbunden hat. Hier wird Sesamöl hergestellt. Die Sesamreste werden zu Bonbons verarbeitet. Abends erreichen wir Luni und übernachten im Fort Chanwa, einer aus dem letzten Jahrhundert stammenden Palastanlage aus rotem Sandstein.
Mittwoch, den 27.10.
Mit dem Bus geht es nach dem Frühstück nach Jodhpur. Dort besichtigen wir als erstes das Marmorchattri des Maharajas Jaswant Singh II. Es ist ein Mausoleum in dessen Innerem Fotos von drei verstorbenen männlichen Clanmitgliedern zu sehen sind. Überhaupt habe ich in Indien niemals Fotos gesehen, auf denen auch Frauen abgebildet waren. Scheinbar gibt es kaum Überlieferungen zu den Frauen, die in früherer Zeit lebten.
Nun geht es weiter in das Meherangarh-Fort. Diese Festung ist auch wieder sehr ausgedehnt. Häufig sieht man an den Wänden rot bemalte Handabdrücke. Es sind Abdrücke von Frauen, die sich durch Selbstverbrennung das Leben genommen haben. Dieser Tod war für viele Frauen, wenn Ihr Ehemann gestorben war, fast unausweichlich. Denn auf Grund der gesellschaftlichen Erwartungen und Verhältnisse, war eine Frau, die ihren Mann verloren hatte, kaum in der Lage für ihr eigenes Überleben zu sorgen. Auf der Festung gibt es viele Museen und wenn man Glück hat, kann man einer Vorführung beiwohnen, in der ein Turban gebunden wird.
Ehe es zurück nach Luni geht, machen wir noch einen Spaziergang über den örtlichen Gemüsemarkt. Wie immer sind unglaublich viele Menschen dort unterwegs.
Donnerstag, den 28.10.
Heute steht eine 335 km lange Tour über Osian nach Jaisalmer, einer alten Karawanenstadt in der Wüste Thar, an. In Osian gibt es 26 Hindu- und Jaintempel. Wir besichtigen von jeder Konfession einen und entrichten die obligatorischen Foto- und Videogebühren. Im direkten Vergleich gefällt mir der Jain-Tempel wesentlich besser. Er ist größer und erheblich aufwendiger verziert. Allerdings sind auch die Preise dort höher. Und die Priester machen an den Jaintempeln am Eingang darauf aufmerksam, dass sie von Frauen während ihrer Periode nicht betreten werden dürfen. Ich jedenfalls habe den Stopp in Osian herbeigesehnt, denn ich musste so dringend auf die Toilette, dass ich dafür auch noch weitere Tempelbesichtigungen in Kauf genommen hätte.
In Osian gibt es noch einen Stufenbrunnen, der leider kein Wasser mehr beinhaltet und dem Verfall preisgegeben ist. Aber dieses große Bauwerk zeigt, zu was die Menschen dort auch schon früher fähig gewesen sind. Der Brunnen ist so gebaut, dass man, egal bei welchem Wasserstand, die Wasseroberfläche immer durch hinabsteigen der Stufen erreicht. Die Bezeichnung leitet sich von den vielen Stufen des Brunnens ab.
In Dechu gehen wir über den bunten Dorfmarkt. Es ist sehr schmutzig und vermüllt in dem Ort. Wie immer werden wir von den armen Kindern angebettelt. Ich verteile wieder Bonbons.
Unterwegs machen wir noch einen kurzen Stopp an einem Erdnussfeld. Da gerade Erntezeit ist, können wir auch mit einer Bäuerin sprechen. Bereitwillig lässt sie uns von den Erdnüssen kosten. Dabei kommt über das Feld ein gut ein Meter langer Leguan gekrochen.
Freitag, den 29.10.
Heute geht es zuerst an den Gardisargarh- See in Jaisalmer. Das erste, was ich sehe, ist eine Unmenge an großen Welsen, die sich wie in einem Netz zu einem Knäul aus Fischen zusammengezogen direkt am Ufer drängeln. Die Fische sind natürlich heilig und werden dort mit Weißbrot gefüttert. Einige halten nur ihre offenen Mäuler über Wasser und warten, bis ein Stück Brot ins Maul fällt, was häufig sogar passiert. Man könnte die Welse mit bloßen Händen aus dem Wasser ziehen.
Bevor es zur Festung von Jaisalmer geht, schauen wir uns noch ein winziges, von einem Privatmann betriebenes Museum zur Geschichte der Stadt an. Im Fort selbst gibt es viele Tempel aber auch Händler. Wegen der Händler ist die gesamte Festung voll mit Menschen und es gibt interessante Waren zu sehen.
Anschließend gehen wir durch die Stadt uns sehen uns die Havelies an. Das sind Häuser, die reich mit Steinmetzarbeiten verziert sind. Sie gehörten ehemaligen reichen Handelsherren. Die Havelies können auch betreten und von innen angeschaut werden. Unterwegs dringt die laute Musik eines Kinderchores an unsere Ohren. Wir wundern uns, bis wir feststellen, dass es das Müllauto ist, das durch diese Musik die Einwohner auf die bevorstehende Abholung des Mülls aufmerksam macht.
Zum Tagesausklang reiten wir auf einem Kamel einem herrlichen Sonnenuntergang in der Wüste Thar entgegen. Mitten in der Wüste trinken wir ein kühles indisches Bier. Das Bier in Indien schmeckt übrigens sehr gut.
Samstag, den 30.10.
Morgens fahren wir wieder los, denn es liegt eine Strecke von 330 km nach Bikaner vor uns. Unterwegs passieren wir viele rajastanische Dörfer mit einem regen Dorfleben. Der Bus hält an einem See in Khichan, einem einzigartigen Vogelschutzgebiet. Tausende von Jungfernkranichen wählen alljährlich nach ihrem langen Flug von Zentralasien über den Himalaya die Umgebung des Ortes als Winterquartier. Denn bereits vor 150 Jahren hat die Jain-Gemeinde damit begonnen, die Vögel regelmäßig mit Futter zu versorgen. Heute werden bis zu drei Tonnen Futter täglich benötigt.
Am Abend erreichen wir Bikaner, die 1488 gegründete Hauptstadt des gleichnamigen Fürstenstaates mit einem der am besten erhaltenen Fürstenpaläste Indiens. Wir besichtigen das Junagarh-Fort mit dem Palastteil im Inneren und das Museum mit Funden aus der Harappa-Zeit, Skulpturen aus der Gupta-Periode und Miniaturen der Bikaner-Schule. Der Palast ist noch bewohnt, sehr sauber und mit ausgesprochen edlen Materialien verziert.
Sonntag, den 31.10.
Heute stand eigentlich die Besichtigung des Junagarh-Fort auf dem Programm. Wegen des heutigen Feiertages, waren wir schon gestern dort. Vormittags machen wir etwas Wellness und nehmen eine Arjuveda-Massage. Am Nachmittag wollen wir in die Stadt gehen, müssen aber nach fünf Kilometern Fußweg feststellen, dass wir weit außerhalb der Stadt wohnen. Das Angebot von Tucktuck- und LKW-Fahrern uns mitzunehmen, lehnen wir dankend ab. Die Straßen sind wegen des Govardhan-Puja-Feiertages wie ausgestorben. So kehren wir um und gehen ins Hotel zurück.
Montag, den 01.11.
Heute beginnt ein weiterer Höherpunkt unserer Reise, nämlich ein Kamelritt durch die Wüste Thar. Zunächst fahren wir die kurze Strecke in das Dörfchen Raisar mit dem Bus. In Raisar steigen wir auf die Dromedare um und reiten zweieinhalb Stunden durch die karge Wüstenlandschaft. Dabei gibt es eine erstaunliche Vielfalt wilder Tiere zu sehen. Als wir zum Mittagessen in der Wüste erstmals wieder von unseren Kamelen absteigen, fühlt sich das Gehen an, als hätten wir O-Beine. Manch einer spürt jetzt seinen Allerwertesten, wie er ihn noch nie gespürt hat. Trotzdem geht es nach dem Essen noch zwei Stunden weiter auf dem Kamelrücken bis zu unserem Zeltcamp in der Wüste.
Die Ausstattung der Zelte überrascht. Jedes Zelt hat einen abgeteilten Bereich mit Waschbecken, Dusche und Toilette. Nach einem gemütlichen Abendbrot, übernachten wir im Zelt.
Dienstag, den 02.11.
Nach dem Frühstück verlassen wir das Zeltcamp und fahren mit dem Bus die 170 km nach Mandawa in Richtung Delhi. Wir checken im Hotel ein. Nachmittags machen wir einen ausgedehnten Rundgang durch die Altstadt von Mandawa. Die kleinen Paläste und Privathäuser zeugen mit ihren farbenprächtigen Freskenmalereien vom Reichtum der damaligen Kaufleute. Allerdings sind viele Gebäude in einem bedauernswert heruntergekommenen Zustand. Sie bräuchten eigentlich dringend eine Sanierung, sonst sind sie in eine paar Jahren dem Verfall anheim gefallen. Mich begleiten Halima, Muskat und Sona, drei achtjährige Mädchen, sie sind an meinen Bonbons interessiert. Selbst als ich ihnen meinen nicht gerade kleinen Vorrat von etwa zwei Kilogramm Bonbons überlassen habe, lassen sie nicht locker. Sie wollen, dass ich an einem Stand weitere Süßigkeiten für sie kaufe.
Mittwoch, den 03.11.
Wir fahren wieder zurück nach Delhi. Es liegen also 290 km vor uns. Unterwegs machen wir einen Fotostopp an einem Stufenbrunnen, der, obgleich noch mit Wasser gefüllt, völlig verschmutzt und vermüllt ist. Er bietet einen traurigen Anblick. Viel gepflegter sieht dafür der hiesige Tempel aus, der dem Affengott Hanuman geweiht ist.
In Delhi schauen wir uns die Siegessäule Qutab Minar, das älteste Bauwerk der Stadt und zugleich ein Meilenstein in der Entwicklung der Architektur des Subkontinents, an. Das Monument hat eine Höhe von 73 Metern und wurde im 12. Jahrhundert gebaut. Im Inneren führt eine 360-stufige Wendeltreppe zu den Balkonen, die früher betreten werden durften. Seit einem Stromausfall in den 1980er Jahren, der eine Massenpanik im Turm wegen der ausgefallenen Beleuchtung auslöste, ist das Betreten des Qutab Minar für Touristen nicht mehr erlaubt. Durch die Panik starben mehrere Schüler einer Schulklasse.
Nach dem Abendbrot in einem wirklich luxuriösen Hotel fahren wir zum Flughafen.
Donnerstag, den 04.11.
Gegen Mittag sind wir wieder wohlbehalten zu Hause angekommen. Es war eine sehr schöne Reise, die uns tiefe Einblicke in die Kultur und Lebensweise der indischen Bevölkerung gewährte. Allerdings würde ich die Reise niemandem empfehlen, denn es ist dort an vielen Stellen sehr schmutzig und unhygienisch. Wenn man sich allerdings selbst einen Eindruck von den Verhältnissen vor Ort machen will, ist Indien allemal eine Reise wert.